Die Petition

Schlaufuchs

Die Eingabe

Als eine der ersten Aktionen haben wir mit Beginn unserer Kampagne eine Petition an den Deutschen Bundestag gerichtet. In dieser fordern wir das Verbot von Pelztierhaltung und dem Handel mit Pelzprodukten:

Eingereicht, 1.Oktober 2010

Petitionstext:

Wir ersuchen den deutschen Bundestag, ein Verbot für die Pelztierhaltung und den Handel mit daraus gewonnenen Produkten zu erlassen und ein entsprechendes Verbot auch auf der Ebene der europäischen Gesetzgebung anzuregen.

Begründung:

Tierschutz ist nach Artikel 20 a des Grundgesetzes Staatsziel der Bundesrepublik Deutschland. Das Tierschutzgesetz stellt mit seinem Grundsatz, § 1, Satz 1, die Verantwortung des Menschen für das Leben und Wohlbefinden des Tieres klar, und fordert mit Satz 2, keinem Tier dürfe ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leid oder Schaden zugefügt werden. Ein „vernünftiger Grund“ für die Haltung und Tötung von Tieren zu dem alleinigen Zweck der Gewinnung von Pelzen liegt heute nicht mehr vor. Weder ist Pelz, angesichts der Vielzahl natürlicher und synthetischer Materialien, zur Herstellung witterungsadäquater Kleidung notwendig, noch bedarf es, angesichts neuartiger Methoden zur Herstellung hochwertiger Kunstpelze, des Naturpelzes zur Erfüllung ästhetischer Ansprüche. Ungeachtet der Tatsache, dass Regelungen zur Haltung und Tötung bestehen (§31 ff der Nutztierverordnung, Anlage 3, Tier-Schlachtverordnung), sind die entsprechenden Tätigkeiten vor dem genannten Hintergrund rechtswidrig. Ein Verbot der Herstellung und des Handels mit Pelzprodukten ist auch nach dem Maßstab des 'Anstandsgefühls der billig und gerecht Denkenden' nur angemessen, denn die Mehrheit der deutschen Bevölkerung, 70%, lehnt die Pelztierhaltung laut einer repräsentativen EMNID-Umfrage aus dem Januar 2003 ab. Wären die genauen Umstände und Bedingungen, unter denen Pelze hergestellt werden, der breiten Öffentlichkeit gegenwärtig, wäre dieser Prozentsatz mit Sicherheit noch höher. Tätigkeiten der Haltung, Tötung und Verarbeitung von Tieren allein zur Gewinnung von Häuten und Pelzen, stehen den genannten Grundsätzen deutscher Rechtssprechung auch dann entgegen, wenn sie außerhalb des deutschen Staatsgebietes durchgeführt werden. Daher sind auch ein Import entsprechender Roh- oder verarbeiteter Produkte, sowie der Handel damit innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ebenso kategorisch zu untersagen. In diesem Sinne ist der deutsche Bundestag gehalten, zusätzlich ein entsprechendes Verbot auf der Ebene europäischer Gesetzgebung zu erwirken.

 

Die Antwort

Eine Antwort des Petitionsausschusses ließ nicht lange auf sich warten.

Antwort des Petitionsausschusses
Petitionsausschuss Antwort Seite 2
Schlaufuchs

Die Replik

... und unsere Replik darauf ebenfalls nicht (Auszug):

Gesendet am 22.12.2010

Als Petentin möchte ich [auf Ihr Schreiben] das Folgende antworten:

Die Änderung der Tierschutz-Nutztierverordnung vom 30. November 2006 sieht unbestritten eine Verbesserung der Haltungsbedingungen der Pelztiere vor. Die hierbei festgeschriebenen Lebensbedingungen der Pelztiere bezeichnet Herr Kühnle als „tiergerecht“, später stellt er fest, die Nahrungsaufnahme und das Ruheverhalten erfolge „artgemäß“. Die Begriffe „artgerecht“ oder gar „wesensgerecht“ werden dadurch vermieden.

Die von Herrn Kühnle getroffene rhetorische Wahl darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Haltungsbedingungen der Pelztiere auch nach den neuen Bestimmungen die Kriterien der „Art-“, bzw. „Wesensgerechtigkeit“ nicht erfüllen. Beispielsweise sind die für Füchse und Nerze zentralen Verhaltensweisen der Jagd, Revierverteidigung und Partnerwahl auch mit Umsetzung der geänderten Bestimmungen unmöglich. So werden die Pelztiere auch weiterhin Anzeichen aufweisen, die unter Ethologen als Kriterien für „erhebliches Leiden“ gelten, u.a. stereotype Bewegungsabläufe. Das bedeutet, dass das Wohlbefinden der Pelztiere im Sinne des §1, Satz 1, TierSchG, für das der sie in Obhut habende Mensch besondere Verantwortung trägt, schwer beeinträchtigt ist.

Ungeachtet der Artgerechtigkeit der Haltungsbedingungen steht am Ende der Haltung der gewaltsame Tod, der für das betreffende Tier unbestreitbar Schmerzen, Leid und Schaden im Sinne des Paragraphen 1, Satz 2 des Tierschutzgesetzes bedeutet.

Im Falle beider zitierter Grundrechte, dem der Berufsfreiheit (Artikel 12 GG) und des Eigentums (Artikel 14 GG), beinhaltet jeweils im ersten Absatz die Möglichkeit der Einschränkung dieser Grundrechte durch Gesetz: - Artikel 12 GG, Absatz 1, Satz 2: „Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“ - Artikel 14 GG, Absatz 1, Satz 2: „Inhalt und Schranken [des Eigentums] werden durch die Gesetze bestimmt.“ Im Falle des letztgenannten Artikels 14 GG erlaubt Absatz 3, Satz 2 darüber hinaus die Enteignung „durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes“.Die Grundgesetzlichkeit des Eingriffs in beide Grundrechte ist demzufolge grundsätzlich gegeben und rechtens.

Ein pauschaler Verweis darauf, ein Eingriff in die Grundrechte sei (vor dem Hintergrund der Berufung auf das Vorhandensein „milderer Mittel“)unzulässig, wie er in der Stellungnahme durch Bernhard Kühnle vorliegt, ist also verfassungsrechtlich nicht gedeckt (Art.12, 14 GG). Vielmehr muss das Tierschutzgesetz im Zusammenhang mit der Forderung nach einem Verbot der Pelztierhaltung und dem Handel mit Pelzprodukten als eines derjenigen Gesetze herangezogen werden, denen an diesem Punkte vorrangige Bedeutsamkeit zukommt.

Das Tierschutzgesetz, dabei besonders §1, Satz 2 als Hauptgrundlage der Petitionsbegründung, ist eine der von Herrn Kühnle zitierten „geltenden Rechtsvorschriften“. Stehen diesem die Rechtsvorschriften zur Pelztierhaltung entgegen, ist dies ein juristisches Problem, jedoch kann letztere Rechtsvorschrift nicht apriori zur Zurückweisung der Petitionsforderung herangezogen werden.

Schlussfolgerungen:

Somit halte ich fest, dass die Stichhaltigkeit sämtlicher von Herrn Kühnle genannten Argumente für die Zurückweisung meiner Eingabe wesentlich von der Relevanz abhängt, die dem Tierschutzgesetz zugemessen wird. In seiner Antwort geht Herr Kühnle jedoch mit keinem Wort auf das von mir als Hauptargument herangezogene Postulat des „vernünftigen Grundes“ aus § 1, Satz 2, TierSchG, ein. Dieses ist aber von ganz entscheidender Bedeutung – gerade vor dem Hintergrund der Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz im Jahr 2002 und des von Herrn Kühnle in Punkt 1. (siehe obige Auflistung) behaupteten Tatsache, dass „Tierschutz auf nationaler und europäischer Ebene entscheidend voranzubringen“ ein „wichtiges Ziel“ der Bundesregierung sei.

Eine Replik auf meine Eingabe, die sich mit meinem Kernargument mit keinem Wort befasst, kann ich nicht akzeptieren. In Ermangelung eines Gegenarguments sehe ich nach wie vor den „vernünftigen Grund“ im Falle der Pelztierhaltung und -tötung als nicht gegeben an. „Weder ist Pelz, angesichts der Vielzahl natürlicher und synthetischer Materialien, zur Herstellung witterungsadäquater Kleidung notwendig, noch bedarf es, angesichts neuartiger Methoden zur Herstellung hochwertiger Kunstpelze, des Naturpelzes zur Erfüllung ästhetischer Ansprüche“(Petitionsbegründung).

Angesichts dieser Tatsache und unter besonderer Berücksichtigung des Staatszielcharakters des Tierschutzes, ist nicht etwa das Verbot der Haltung und Tötung von Pelztieren, sondern das Halten und Töten von Tieren allein zur Gewinnung von Pelzen selbst „nicht verhältnismäßig und damit verfassungswidrig“.

Schlaufuchs

Ich sehe mich daher gehalten, das zuständige Ministerium erneut um eine Befassung mit meiner Eingabe zu ersuchen. Ich erwarte dabei die besondere Berücksichtigung der Maßgabe des „vernünftigen Grundes“, mit dessen Gegebensein die Rechtfertigung von Leiden, Schmerzen und Schaden von Tieren im Kern zusammenhängt, sowie eine Entscheidung entsprechend des Kommentars zum Tierschutzgesetz von Lorz & Metzger, 5. Auflage, Seite 95, Rn 3, demzufolge bei Bestehen mehrerer Möglichkeiten der Gesetzesinterpretation „nach dem Willen von Satz 1“ in §1, TSchG, diejenige Gesetzesinterpretation zu wählen sei, „die dem tierischen Wohlbefinden besser entspricht“.

 

Der Kampf geht weiter

Am 10. Februar 2011 kam die Meldung, dass unsere jüngste Eingabe angenommen ist und die Petition erneut geprüft wird. Ein großer Erfolg!

25.4.2011: Ostergeschenk des Petitionsausschusses: Die Prüfung geht weiter. Ascheinend werden unsere Argumente ernstgenommen!

Petitonsausschuß Antwort
Enttäuscht?

 

Der Endbescheid

Fast ein Jahr hat sich der Petitionsausschuss Zeit gelassen. Nun endlich hat das Bangen und Fürchten ein Ende - in der Gewissheit, dass die Welt wirklich so schlecht ist, wie sie zu sein vorgibt.

Aber das Ergebnis, das zu erwarten war und sich als "Das System gibt eine Veränderung des Systems nicht her" zusammenfassen lässt, gibt der Hoffnung doch ein wenig Raum. Man beachte dazu besonders das Ende des Schreibens.

Finaler Erguss 1
Finaler Erguss 2
Finaler Erguss 3
Finaler Erguss 4
Finaler Erguss 5
Weitermachen!

Man bemerke also: Auch im Petitionsausschuss gibt es vernünftige Geister! Immerhin hat die Angelegenheit die Zuständigen eineinhalb Jahre lang beschäftigt. Und selbst wenn also die Petition an dieser Stelle ihr vorgezeichnetes Ende findet - die Kampagne wird forgeschrieben.

Bis kein Pelztier mehr um seine Haut fürchten mus.

 

 

Das Ende vom Lied?

Bei aller Zuversicht und Durchhalterhetorik: Ein Mißklang schwingt nach. Und doch hilft nur, so unverdrossen wie möglich zum nächsten Lied anzuheben. Wie wäre es zum Beispiel mit der "Interspeziale"?