Rudolf in Kaiserslautern
(7.1.2013)
In einer Region, deren Strukturschwäche jedes zweite Haus und jedes dritten Gesicht gezeichnet hat, traf Rudolf auf freundliche Offenheit.
Schon bei seiner Verwandlung am Bahnhof...
... lächelte ihm ein einfacher Bahnangestellter vergnügt entgegen. So konnte der Nachmittag in der kargen Schönheit Kaiserslauterns wohl beginnen.
Zwar war der Passantenstrom nur ein geschätztes Hundertstel dessen in Amsterdam oder Berlin, dafür hatten die Kaiserslauterner auch nur ein Hundertstel der Abgebrühtheit richtiger Großstädter, beäugten, grüßten, winkten und bekomplimentierten Rudolf freundlich. Wo hörte er sonst ein ernstgemeintes "Hallo Fuchs!" von halbwüchsigen Buben oder ein anerkennendes "Schöne Schnauze!" von jungen Damen!?
Doch natürlich hat die Pelzindustrie auch Kaiserslautern nicht verschont. Zwar sah Rudolf wenige einschlägige Pelzgeschäfte, dafür aber viele Billigläden mit China-Pelz. Flugs ein Flugblatt in der Kapuze verstaut, damit sich die potentiellen Kunden auch korrekt über die Hintergründe der Ware informieren können...
Wo das nicht möglich war, beglückte Rudolf die Verkäufer persönlich, um - zuversichtlich wie er ist - ein Umdenken anzuregen.
Ein Platz inmitten der Innenstadt, ein Fuchs, eine Taube und sonst niemand? Eine Geisterstadt?
Am Schillerplatz hingegen scheinen durchaus ein paar helle Geister zu wohnen: An der Fassade eines Hauses unbekannten Namens prangt eine Sammlung weiser Gedanken und aufrüttelnder Bilder. Der, den Rudolf sich hinter die Ohren geschrieben hat: "Was dir selbst wohl tut, schadet dem Feind." Vielleicht ein guter Vorsatz für das neue Jahr, sich auch mal eine Auszeit zu gönnen, trotz - oder gerade WEGEN - der Schlechtigkeit der Welt?
Auf jeden Fall fühlte Rudolf sich vor diesem idealistischen Hintergrund wohl und zuhause.
Hingegen nicht gerade ein Augen- oder Seelenschmeichler: das ehemals höchste Gebäude Deutschlands, das Kaiserslauterner Rathaus.
Was für den einen als eine Ruhestatt auf ewig gedacht war, ist dem rotpelzigen anderen Hort für eine kurze Ruhepause. Makaber? Pietätlos? Sicher nicht mehr als die Grausamkeit, gegen die Rudolf rechtschaffend streitet. Barbarossas Genossen, die in diesen Sarkophagen beigesetzt worden sind ...
...und schon lange vor den Ausgrabungen der Kaiserpfalz Barbarossas zu Heldenstaub zerfallen sind, haben es dem rotpelzigen Streiter sicher gegönnt.
Kurz vor Rückkehr zum Bahnhof konnte dann noch ein Propagandafahrzeug ausgemacht und mit Gegenpropaganda ausgestaltet werden, um, an der Windschutzscheibe entfaltet, zu den Sonderangeboten auch gleich deren blutige Kehrseite darzulegen.
Und überall freundliche, wohlwollende Leute. Danke, Kaiserslautern, für dieses ermutigende Erlebnis!