Für den hartgesottenen Tierfreund ist das Ziegenproblem ein Autoproblem.

Welcher Absolvent irgendeines besseren Mathe-Kurses kennt es nicht: das Ziegenproblem?! Bekanntermaßen geht es um eine Quizschau (betreffs derer sich die Verschwörungstheoretiker noch immer streiten, ob es sie wirklich oder nur in der Phantasie berechnender Statistiker gegeben hat). Der Kandidat steht vor drei Türen: hinter einer davon steht ein Auto, hinter den zwei anderen wartet je eine Ziege. Der Kandidat darf eine Tür wählen, woraufhin der Shaumaster eine Tür mit Ziegenzonk öffnet, so dass nur noch zwei verschlossene Türen, eine mit Ziege, eine mit Auto dahinter, verbleiben. Der Kandidat kann sich noch entscheiden, ob er die bereits gewählte Tür weiterhin favorisiert oder zur anderen wechseln möchte – dann wird die endgültig gewählte aufgetan und im besten Falle fährt der Glückliche im Auto davon.

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung findet nun ihre Erfüllung darin, die beste Strategie für den Autogewinn zu ermitteln: wechseln oder beharren!? Aufgrund statistischer Logik ermittelt man dann leicht, dass der Wechsel den Autogewinn mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 ermöglicht.

Nun wurde um dieses Problem gestritten, geschrieben - und, um Generationen unschuldiger Studenten zu erwähnen, gelitten. Kaum einer mag an die Lösung glauben („Ist es nach dem Öffnen und Ausscheiden einer Tür nicht gleich wahrscheinlich, dass das Auto hinter der Tür ist, die ich gewählt habe, wie dass es hinter der anderen noch geschlossenen Tür ist!?!?“). Die gar philosophisch verankerte Wahrscheinlichkeitstheorie, die peinlich genau den realen Einzelfall von der Welt der Möglich- und Wahrscheinlichkeiten unterscheidet, kennt sowieso fast niemand.

Keiner aber hat je das Problem einmal aus Tierschützer-Sicht betrachtet. Und damit meine ich nicht die Auswirkungen des Stresses auf die Ziege angesichts der wenig artgerechten Umwelt einer Quizschau oder angesichts der Ablehnung in der Dauerrolle als ungeliebter Zonk.

Nein, wer Tiere wirklich liebt, wird sich über die Gefährtenschaft einer Ziege mehr freuen als über den zweifelhaften Segen eines Autos. (Dies betrifft vor allem jene, die per Mietvertrag von der Hundehaltung ausgeschlossen sind – die Haltung von Ziegen ist dort glücklicherweise selten reglementiert.) Das Problem beim Ziegenproblem ist somit das genaue Gegenteil des ursprünglichen und lautet: Wie um alles in der Welt vermeide ich das olle Auto!? Für den hartgesottenen Tierfreund ist das Ziegenproblem ein Autoproblem.

An diesem Punkt erweist sich die Statistik als freundlich (zumindest bei bereits gelöstem Ziegenproblem): Wenn ich wechsle, erhalte ich in 2/3 der Fälle das Auto und nur in 1/3 der Fälle eine Ziege. Na, dann bleibe ich doch lieber bei der ersten Wahl. Das ist wie im richtigen Aktivistenleben:

Wer sich für das Wohl eines Tieres einsetzt, sollte standhaft bleiben.