Rudolf in Amsterdam

Als ich nach Amsterdam fuhr, die Stadt und ihr Umland auf mich wirken zu lassen, um zu entscheiden, ob ich mir dort zu promovieren vorstellen kann, wagte Rudolf an meiner Seite den Sprung auf die internationale Bühne.

Da bin ich

Gut ausgerüstet mit innerer und äußerer Wegweisung...

Auf Los...

 

... und international verstehbarem Spruch (" Fur ≠ fashion,  = agony, distress, death ")  ging es für mehrere Stunden am Freitag und Sonntag hinein in das Gewirr bunter Gassen.

 

 

...gehts los

 

Ob die Cannabis-Kumpels Rudolf für eine halluzinative Erscheinung hielten? Jedenfalls waren sie ihm freundlich zugetan...

Kifferfuchs

 

... aber ehrlichgesagt fiel das Rotpelzchen zwischen all den seltsamen Gestalten in der Stadt nicht außergewöhnlich auf - hier mit Neptun (links) und Batman (rechts) dahinter (kaum zu sehen) ein Freddy-Krueger-Verschnitt.

Batman- Neptun- Freddy - und Rudolf

 

Aber zwischen den schönen Grachten ...

Grachtengram

...wartete auch jede Menge Gram. Zwar fanden sich in der Innenstadt erstaunlich wenig Pelzläden ...

Leather Company1

...hier eine große, scheußliche Ausnahme: die "Leather Company"...

Leather Company2

 

 

... jedoch waren die Straßen voll von Pelzträgerinnen und -trägern. Besonders in der Generation zwischen 15 und 30 scheint die Jacke OHNE Pelzkragen die Ausnahme zu sein!

 

 

Pelzalarm

 

 

 

 

Auch geschah es das erste Mal, dafür aber gleich doppelt, dass Rudolf tätlich angegangen wurde und eins auf den Rüssel bekam.

 

 

Tugendhaft

Und das, obwohl die Amsterdamer Tugenden ("Heldenhaftigkeit, Entschlossenheit, Barmzerhigkeit") doch auch auf Rudolfs rotpelziger Seele geschrieben stehen...

 

Grachtengram

Umso wichtiger war es, sich an den schönen Momenten festzuhalten. Alles in allem schienen die Passanten dem Rotpelzchen und seiner Mission gegenüber aufgeschlossen zu sein. Selbst viele Pelzträger(innen) lächelten ihn an - und geben damit einmal mehr zu der Vermutung Anlass, dass sie womöglich gar nicht wissen, was sie ihren Mitgeschöpfen mit ihrer Modeentscheidung antun, ja, vielleicht noch nicht einmal, dass sie Echtpelz tragen. Die Fratze der Pelzindustrie hängt also tief über Amsterdam.

 

Doch der Aufenthalt in dem Vaterland verwesender Milchprodukte hält noch viele weitere traurige Überraschungen bereit.

Leben und Leiden unter einem Dach
Weites Leid

 

 

 

 

 

 

 

In unsere Urlaubshöhle weit außerhalb der Stadt, wohin sich Rudolf und ich erschöpft aus dem Trubel geflüchtet hatten, drangen von früh bis spät klagende Rufe. Deren Herkunft konnten wir uns nicht erklären, denn die Kühe des Nachbarhofes, die einzigen nichtmenschlichen Lebewesen, die weit und breit zu sehen waren, gingen weit vom Haus entfernt ihrem öden Weidwerk nach.

Als das Klagen nicht aufhören wollte, begab sich Rudolf auf die Suche.

Stall
Schnüffelnase

Bald hatte er ausgemacht, dass die durchdringenden Rufe aus einem Stall unweit unseres Hauses drangen. Böses schwante ihm...

Kälber

... und tatsächlich fanden sich mindestens fünf kleine Kälber in dem dunklen Verschlag. Die ganz kleinen, allein in winzige Kälberboxen gesperrt (rechts im Bild), damit sie ihren Wunsch, an den mütterlichen Zitzen zu saugen, nicht an Gittern, Kanten oder ihren Leidensgenossen ersatzbefriedigen können, schrien erbärmlich und unaufhörlich nach ihren Müttern, so lange ein bißchen Licht durch die schmalen blinden Scheiben des Schuppens drang. Die beiden größeren (eines davon links), die die Hoffnung und ihren Saugreflex bereits aufgegeben haben, vegetierten mit trübem Blick in einem vor sich hin, während sie in den zwei-mal-drei Metern ihres winzigen Abteils von einem Bein auf das andere traten. Als sie Rudolf hinter dem zerbrochenen Fensterglas entdeckten, kamen sie mit dem offenbar letzten Aufflackern kindlicher Neugierde, aber leeren Augen heran und rochen zaghaft in seine Richtung.

Jeder, den es nach Milch oder ihren Derivaten verlangt, sollte das sehen: lebende, fühlende Wesen, in der unvorstellbaren Qual der Isolation zu Phantomen ihrerselbst geworden.

Unsagbar schwer war es, mich in der Einsicht abzuwenden, dass ich diesen armseligen Kreaturen nicht unmittelbar helfen kann und dass mir nur bleibt, das Wissen zu streuen, um solcherlei Folter in einer wer-weiß-wie fernen Zukunft verhindern zu können.

Gaestebucheintrag