Aus der Woche gegriffen

Reiher-Reihe

Die Reiherballade


Aus langer Tage lautem Lärmen
stürme ich geschwind nach haus.
Mein Kleid verweigert, mich zu wärmen,
die eig’ne Wärme ging mir aus.

Zu lang’ schon hungert meine Seele,
ersehnt sich Ruhe, Pflege, Zeit,
ich weiß darum, dass ich sie quäle,
und will es nicht – und tu’s erneut.

Wie will in dieser Welt ich rasten,
wie soll ich einmal stille sein –
wenn jeder Stund’ die so Verhassten
nimmer ruhend Unrecht streun’?

Soll mich wohl die Zerstreuung laben,
derweil, was ich lieb’, zerrinnt?
Niemals werd’ ich Frieden haben,
bis, was ich wünsche, nicht beginnt.

So hetz’ ich weiter, muss noch walten,
mich führt der Weg, nichts kann mich halten.
Doch was blitzt auf, streift meinen Blick,
fast meine Hand und mein Geschick?

Ein Reiher steht am Wegesrand,
groß und grau und sieht mich an.
Er steht und fesselt den Verstand,
dass ich nicht weitereilen kann.

Gefahr droht nicht, das spürt er gut,
doch seltsam schaut die Menschenfrau,
und sieht plötzlich die Sonnenglut,
das Feld, den Wald, das Abendgrau.

Der Wind, auf einmal nicht mehr kalt,
zaust das Haar und das Gefieder,
die Wolken auch, der Tag ist alt,
die Sonne sinkt nun müd’ hernieder.

Dem Reiher ruht das Aug’ zu lang,
ihn leitet nur das eig’ne Streben,
er stakst fort in bedachtem Gang
und fügt sich in das Nachterheben.

Weit webt sich bald die dunkle Ruh’
durch den Himmel farbenreich
deckt Wünschen, Wehe, Wunden zu
mich ruft der Trost - ich komme gleich.